"Keine Idee ist so gut, dass es nicht noch eine bessere gibt."

Interview mit Architekt Felix Gallist

 

Herr Gallist, Sie sind ja Architekt, nun haben Sie gemeinsam mit Thomas Link eine Projektentwicklungs-gesellschaft gegründet. Was war für Sie der Anlass?

 

Ich möchte etwas Besonderes schaffen, etwas, was es in dieser Form bisher nicht gibt. Eine Marke für Häuser, bei denen der architektonische Anspruch und die Bedürfnisse der Bewohner im Mittelpunkt stehen. So etwas kann man normalerweise nur auf Bestellung bei einem guten Architekten bekommen. Mich hat über Jahre schockiert was auf dem Markt so angeboten wird. In den meisten Fällen indiskutabel, lieblos und brutal dem Bewohner gegenüber. Oder ein hilfloses Aneinanderreihen von vermeintlich modischen Stilelementen, kombiniert mit einer unendlichen Aufzählung eigentlich selbstverständlicher Ausstattungsmerkmale. Jede weiße Kiste mit Flachdach soll gleich ein Meisterhaus des Bauhaus sein! Ich will beweisen, dass man mit dem gleichen Aufwand, nur durch eine gekonnte Architektur und eine Veränderung des Fokus, ein unvergleichlich besseres Ergebnis erzielen kann.

Ok, das ist schon mal eine Ansage! Sie haben die sechs Einfamilienhäuser entworfen, was war die besondere Herausforderung bei diesem Projekt?

 

Besonders war, dass wir nicht nur ein einzelnes Gebäude oder einen Gebäudekomplex entworfen haben, sondern ein ganzes Ensemble, bei dem jeder Baukörper für sich funktionieren, aber auch in den Kontext der anderen Gebäude auf dem Grundstück passen muss. So haben wir uns beim Entwurf im Prinzip von zwei Seiten genähert. Wichtig war es uns, wirklich individuelle Häuser zu schaffen, nicht nur einen Haustyp zu entwickeln, der sich immer wiederholt.

 

Wie kann man sich so einen Entwurfsprozess vorstellen?

 

Entwerfen ist eine hochemotionale Sache. Ich kenne nichts, bei dem sich Frustration und helle Begeisterung so schnell ablösen. Vom tiefsten Zweifel zur überschwänglichen Begeisterung und wieder zurück und wieder von vorne. Um am Ende aus voller Brust sagen zu können: Das ist gut, was wir da gemacht haben!

 

Die Häuser haben ja interessante Formen, wie sind Sie darauf gekommen?

 

Zum einen gibt es natürlich Bauvorschriften, zum anderen auch funktionale Zwänge, die sich auf die Gestaltung auswirken. Dies ganz nüchtern umzusetzen ist aber nicht mein Ansatz. Die klassische Regel „Form follows function“ sehe ich in der Architektur als nicht angebracht. Am besten beschreibt das der Designer Hartmut Esslinger (Frog Design) mit „Form follows emotion“. Ich brauche ein gewisses Gefühl, das sich schwer beschreiben lässt, wenn ich merke, dass eine Form gut wird.

 

Das klingt nach viel Arbeit.

 

Ja. Das Ziel unserer Arbeit ist immer, überlegte und wohlproportionierte Baukörper zu schaffen, die ohne modischen Schnickschnack auskommen. Das Konzept wird dann solange geknetet, verworfen und überarbeitet, bis wir im Büro alle zufrieden sind. Ich habe einen Leitspruch: Keine Idee ist so gut, dass es nicht noch eine bessere gibt. Manchmal hassen mich meine Mitarbeiter dafür [lacht], dass die Arbeit einer ganzen Woche umsonst gewesen sein soll. Schlussendlich entsteht aber immer etwas Besseres, selbst wenn nur eine Optimierung der ursprünglichen Idee dabei herauskommt. Zum Beispiel hatten wir bei den meisten Häusern zunächst versucht, durch eine Zweifarbigkeit die Kubaturen besonders gut herauszuarbeiten.

Schlussendlich waren wir an einer Stelle im Entwurfsprozess angekommen, an der durch „Weglassen“ dieser Zweifarbigkeit - und somit einer Simplifizierung der Komplexität - die Baukörper auf einmal wie selbstverständlich wirkten.

Worauf haben Sie dann bei der Ausarbeitung des Entwurfs die Schwerpunkte gelegt?

 

Wir gehen immer vom späteren Nutzer unserer Architektur aus. In diesem Fall haben wir natürlich über eine Art Avatar und dessen Bedürfnisse nachgedacht. In die Planung ist eine gewisse Flexibilität eingebaut, damit die späteren Eigentümer noch Möglichkeiten haben, sich selbst einzubringen. Die Grundrisse haben wir fein und logisch ausgearbeitet. So lassen sich mit relativ einfachen Maßnahmen noch Anpassungen an den individuellen Bedarf oder Geschmack realisieren. Auch bei der Gestaltung der Fassaden ist noch etwas Spielraum vorhanden, wobei hier natürlich immer das gesamte Ensemble im Auge behalten werden muss.

Was ist an der Ausstattung besonders?

 

Ich sage immer, die Fenster eines Gebäudes sind wie die Augen eines Menschen. Daher haben wir hier besonders filigrane Fenster des Premiumherstellers Josko ausgewählt, die durch die schlanken Profile die Eleganz der verputzten Kubaturen herausarbeiten. Im Erdgeschoss mit seiner besonderen Raumhöhe von ca. 2,60 m haben wir großteils geschosshohe Verglasungen ausgewählt, die Innenraum und Außenraum miteinander verschmelzen lassen. Auch die Ausbildung der Treppenbrüstungen mit den blanken Stahlplatten ist besonders. Genauso finde ich die Haptik eines Gebäudes sehr wichtig. So achte ich immer auf schöne Griffe und Armaturen. Bei der Haustechnik haben wir eine solide und hochwertige Technik ausgesucht, die auch langfristig nachhaltig ist. Ich bin kein großer Freund von einem technischen Overkill in diesem Bereich.

 

Welches der sechs Häuser ist Ihr Lieblingshaus?

 

Das kann ich so nicht sagen. Die Häuser haben alle ihren individuellen Reiz. Bei Haus 1 mag ich persönlich die Anmutung der Fassade und den tollen Garten nach Westen. Haus 2 ist für mich die beste Skulptur, die Ausbildung der Kubatur ist hier besonders gut gelungen. Haus 3 hat die perfekte Lage im Südwesten und einen hervorragend ausgearbeiteten Baukörper. Bei Haus 4 ist die Verknüpfung von Außen- und Innenbereich hervorzuheben, zudem verfügt dieses Haus über eine schöne Aussicht auf das Würmtal. Haus 5 und Haus 6 sind natürlich alleine schon durch die sensationelle Lage an der Hangkante und die sehr großzügigen Räumlichkeiten einzigartig. Dennoch sind auch sie ganz unterschiedlich: Haus 5 wirkt wie eine Skulptur, Haus 6 wie eine Yacht. Es kommt einfach auf die individuellen Anforderungen und Vorstellungen an.

 

Sie sind ja sowohl Geschäftsführer von WertLand als auch Ihres Architekturbüros: Entstanden daraus Interessenkonflikte?

 

Ganz im Gegenteil. Ich konnte hier gewissermaßen einen Traum verwirklichen und sowohl die Position des Gestalters als auch die des Bauherrn einnehmen. Entscheidungen konnten schnell getroffen und auch schnell wieder umgeworfen werden [lacht]. Spaß beiseite. Ich habe hier auch gelernt, dass ich ein anstrengender, anspruchsvoller Bauherr sein kann. Aber jetzt bin ich sowohl als Architekt als auch als Bauherr extrem zufrieden und denke, das Ergebnis spricht für sich.